Von Politik und Mini-Röcken

Kurz, kürzer, am kürzesten- der Minirock. Bei molligen Temperaturen, dreißig Grad im Schatten und tropfender Eiscreme wird es Zeit den Minirock aus den Versenkungen meines Kleiderschrankes zu kramen. Völlig selbstverständlich schlüpfe ich jeden Sommer in das wenige Etwas von Stoff- doch davon hätten unsere Mütter in den 60er Jahren geträumt.

Genialität und Wahnsinn liegen ja bekanntlich nah beieinander. Und so schrieben wir das Jahr 1965 als die junge Engländerin Mary Quant den Mut aufbrachte und den modehungrigen Weibern den Mini-Rock zum Fraß vorwarf. Gierig und hungrig leckten sich die jungen Frauen die Finger, völlig begeistert von der skandalträchtigen Rocklänge, die sie als Zeichen von Rebellion und Befreiung nutzten.

Minirock als Politikum

In ihrem „Bazaar“ entwarf Mary Quant bereits ab 1955 mit jugendlichem Zeitgeist das Minikleid, denn der altbewährte einheitliche Dresscode mit konservativem Touch missfiel ihr zutiefst. In den Boutiquen der Londoner King’s Road und der Carnaby Street starte die Moderevolution, die zugleich Ausgangspunkt einer ganz neuen Konsumkultur werden sollte. Im Jahr 1965 war die Sternstunde der Mary Quant, die mit ihrem Verkaufsschlager auf Amerika-Tournee ging und deren Entwürfe darüber hinaus in der Vogue abgedruckt wurden. Ihre tanzenden Mannequins in Miniröcken wurden bejubelt wie waschechte Rockstars und bald schon trug ihn jeder- den Mini-Rock.

Doch was eine Rocklänge so alles anrichten kann: Die haarscharf bemessene Rocklänge wurde in der Gesellschaft heiß diskutiert und Empörung über die neue Beinfreiheit wurde laut. „Der Minirock ermöglicht jungen Damen schneller zu laufen“, witzelte der New Yorker Bürgermeister John Lindsay, „und weil sie ihn tragen, müssen sie das auch können“. 1967 wurden zwei Teenager aus Tübingen im Mini verhaftet. Der Grund lautete: Erregung öffentlichen Ärgernisses.
Mode wurde zum Ausdruck eines politischen Statements gegen das Spießertum – der Minirock wurde zum Politikum.

Von gesellschaftlichen Tabus

Der schlanke Mini spaltete die Meinungen in den 60ern. Während die einen ihn als Symbol von Befreiung und Rebellion auslegten, erachteten andere ihn als pure Provokation, die es zu unterbinden galt. Wieder andere fühlten sich auf ihre weiblichen Reize reduziert. Doch der Minirock eroberte die Welt und hat seinen Charme als provokantes Kleidungsstück auch heute immer noch nicht ganz verloren. Erst im vergangenen Februar haben türkische Männer in Miniröcken gegen die wachsende Zahl brutaler Morde an Frauen in der Türkei demonstriert.
Noch heute ist der Minirock eine passende Möglichkeit gesellschaftliche Tabus zu brechen und mit ihnen zu spielen. Doch was sagt ihr? Jeder darf natürlich tragen (oder eben nicht tragen), was er möchte. Aber bei welcher Rock-Kürze ist eure persönliche Toleranzgrenze erreicht?

Für die kommenden heißen Tage habe ich in meiner Wish-List meine absoluten Mini-Rock-Favoriten für euch zusammengetragen: